Schriftlichkeit
Dem Erwerb von Lese- und Schreibfähigkeiten vorgeschaltet ist der (Zweit-)Schrifterwerb.
Im DaZ-Anfangsunterricht müssen neben den mündlichen Kompetenzen von Anfang an auch die rezeptiven und produktiven schriftlichen Kompetenzen aufgebaut werden. Le-se- und Schreibfähigkeiten greifen ineinander und damit auch deren Vermittlung, wenn z.B. Schreibaufgaben die Lektüre begleiten oder die Lehrperson im Schreibunterricht Textmuster anbietet.
Der Fokus liegt zunächst auf der Sprachhandlungsfähigkeit. Schriftliche (wie auch mündliche) Interaktion ist eine kommunikative Herausforderung. Sie ist zum einen davon abhängig, dass die Lernenden über entsprechende sprachliche Handlungsmuster verfügen (z. B. Nachfragen oder Begründen), die in Wechselwirkung mit der Entwicklung kognitiver Fähigkeiten entstehen, somit auch abhängig vom Alter sind (Ehlich et al., 2008). Zum anderen sind Schülerinnen und Schüler zum Sprachhandeln fähig, wenn sie über die entsprechenden sprachlichen Mittel verfügen. Im DaZ-Unterricht ist auf das Verhältnis zwischen der sprachlichen Handlungsfähigkeit und den verfügbaren bzw. zur Verfügung gestellten sprachlichen Mitteln zu achten.
Mit steigendem Sprachniveau wird die Textkompetenz immer zentraler, also die Fähigkeit, Texte lesen, schreiben und zum Lernen nutzen zu können (Portmann-Tselikas & Schmölzer-Eibinger, 2008). Wichtig beim Verfassen von Texten ist es von Anfang an, die kommunikative Funktion zu kennen: Mit welchem Ziel wird der Text verfasst, was ist die Intention der Schreiberin/des Schreibers? An wen richtet er sich (Adressatenbezug) in welcher Situation (Situationsbezug)? Konzeptionell mündliche Texte („Texte der Nähe“) sind situationsgebunden und dialogisch geprägt, z. B. eine Textnachricht am Handy. Konzeptionell schriftliche Texte („Texte der Distanz“) sind schriftsprachlich und standardsprachlich geprägt und nicht situationsgebunden, z. B. ein Fachtext in einem Schulbuch (ÖSZ, 2018). Der Weg von der konzeptionellen Mündlichkeit zur konzeptionellen Schriftlichkeit wird von allen Lehrpersonen im DaZ- und Deutschunterricht wie auch den anderen Unterrichtsgegenständen durch einen sprachbewussten Unterricht intensiv begleitet.
Abhängig von der Textsorte ergeben sich die sprachlichen Mittel (Wortschatz und Strukturen) sowie die Bilder im Kopf der Leserin/des Lesers. Diese Bilder, die sich Schülerinnen und Schüler vom Gelesenen machen, erfordern das Vorhandensein von differenzierten Konzepten. Sie müssen z.B. die fachsprachliche Bedeutung des Wortes Puppe kennen, um sich beim Lesen eines entsprechenden Sachtextes ein Bild von der Wandlung einer Raupe zum Schmetterling machen zu können. Umgekehrt können es Texte auch ermöglichen, aus dem Gelesenen mentale Modelle abzuleiten, wenn unbekannte Inhalte und Wörter erarbeitet und besprochen werden.
Das Sprachliche Bildung im Kontext von Migration und Mehrsprachigkeit (BIMM) bietet auf seiner Themenplattform mit dem Themenpaket „Fertigkeiten im Unterricht vernetzt trainieren“ methodisch-didaktische Informationen und Ideen zu den einzelnen Fertigkeitsbereichen sowie Impulse, diese im Unterricht vernetzt zu gestalten.
Ehlich, K., Bredel, U. & Reich, H. H. (Hrsg.). (2008). Referenzrahmen zur altersspezifischen Sprachaneignung (Bildungsforschung, Bd. 29/I). Bundesministerium für Bildung und Forschung. http://home.edo.tu-dortmund.de/~hoffmann/PDF/bildungsforschung_band_neunundzwanzig.pdf
Österreichisches Sprachen-Kompetenz-Zentrum (Hrsg.). (2018). Aufbau von Bildungssprache in der Grundschule – Fokus Grundstufe I. Wege zu einem vernetzten, sprachsensiblen und inklusiven Deutschunterricht. (ÖSZ Praxisreihe, Heft 27). ÖSZ. https://www.oesz.at/fileadmin/external_import/oeszatdb36/publikationen/oesz_praxisheft_27_deutsch_su_usbplus_web.pdf