Kooperation
Die DaZ-Lehrperson unterrichtet mehrsprachige Schülerinnen und Schüler, die ergänzend zum Regelunterricht Sprachförderung in DaZ erhalten sowie nach Möglichkeit den Erstsprachenunterricht besuchen. Daraus ergibt sich – je nach Bedarf – eine mehr oder weniger komplexe Form der Zusammenarbeit mit Lehrpersonen der Regelklasse bzw. der anderen Fächer sowie bei Bedarf mit Logopädinnen und Logopäden, Fachkräften für Dyskalkulie/Legasthenie oder Psychomotorik bzw. mit der Schulpsychologie.
Gesamt(sprachen)konzept am Schulstandort entwickeln
Der wertschätzende und produktive Umgang mit Mehrsprachigkeit und Diversität bildet die gemeinsame Basis für das Gelingen einer kooperativ gestalteten durchgängigen Sprachbildung am Standort. Alle an der schulischen Bildung Beteiligten entwickeln das mehrsprachige und inklusive Selbstverständnis der eigenen Institution gemeinsam weiter. Sie vermitteln diesem entsprechend Respekt, Empathie und Interesse für die Lebenswelt aller Schülerinnen und Schüler und ihrer Eltern/ Erziehungsberechtigen. Hierfür kann jede einzelne Lehrperson ihre eigenen kulturreflexiven Kompetenzen einbringen bzw. (weiter-)entwickeln, was die erfolgreiche Kooperation unterstützt (Kühn, 2011).
Erfahrungen aus Schulentwicklungsprozessen zeigen, dass es sich bewährt, wenn Schulstandorte ein sprachpädagogisches Konzept entwickeln, d.h. dieses gemeinsam erarbeiten, schriftlich festhalten und transparent machen. Diese Abklärung hilft dabei, Abläufe und Verfahren für eine sogenannte „inklusive Sprachbildung“ zu optimieren. Eine dafür zuständige Person („Sprachkoordinator/in“) könnte die Zusammenarbeit verlässlich, kontinuierlich und strukturiert am Standort koordinieren. Eine begleitende Evaluierung kann dazu beitragen, die koordinierte Sprachenbildung am Standort weiterzuentwickeln.
In diesem Prozess auf dem Weg zu einem mehrsprachigen und inklusiven sprachpädagogischen Konzept kann ergänzend auch der Grundsatzerlass „Interkulturelle Bildung“ Orientierung bieten.
Der Online Vortrag „Sprachliche Bildung (Sprachenbildung) und Schulentwicklung“ (2020) von Boeckmann gibt einen Überblick zum Thema und stellt unterschiedliche Modelle eines change managements vor.
Sprachliche Bildung als gemeinsame Aufgabe aller am Standort sehen
Durchgängige Sprachbildung bedeutet zum einen sprachliche Bildung (Sprachenbildung) auf der Ebene der Schulentwicklung mit Hilfe eines Gesamt(sprachen)konzepts am Standort, zum anderen die Beteiligung aller Lehrpersonen an der Weiterentwicklung des eigenen Unterrichts im Sinne des gemeinsamen Konzepts der sprachlichen Bildung. Ein standortbezogenes Gesamtkonzept zur sprachlichen Bildung ist wichtig, um die sprachliche Bildung bedarfsorientiert und gezielt zu strukturieren und durch das Zusammenwirken aller die einzelnen handelnden Personen zu entlasten.
Die Sprachenfächer – u.a. auch DaZ – zielen auf die sprachliche Handlungsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler im schulischen Kontext. Die Lehrperson des DaZ-Unterrichts unterstützt die Schülerinnen und Schüler durch die Gestaltung eines fachsensiblen Sprachunterrichts darin, sich altersgemäße bildungssprachliche Kompetenzen anzueignen. Parallel dazu gestalten die Lehrpersonen der anderen Fächer einen sprachbewussten Fachunterricht, der fachliches und sprachliches Lernen im Regelunterricht miteinander verbindet, sodass die Schülerinnen und Schüler ihre (bildungs-)sprachlichen Kompetenzen kontinuierlich und ganzheitlich erweitern. Auch die Vermittlung von Strategiewissen findet fächerverbindend statt, z.B. zur Informationsentnahme aus Texten, zum Umgang mit einzelnen Operatoren oder zur Entschlüsselung unbekannter Wörter. Dieses Strategiewissen muss strukturiert und organisiert aufgebaut werden und ist deshalb Aufgabe der Kooperation in Schulteams bzw. eine Frage der Schulentwicklung.
Das Faltplakat „Sprache ist überall“ des Projekts #Deutsch FAIRnetzt (ÖSZ, Österreichisches Sprachen-Kompetenz-Zentrum) sensibilisiert für sprachliche Vernetzung aller in der Schule tätigen Personen und enthält Impulse und eine Linksammlung zum Thema Sprachliche Bildung als Aufgabe aller.
Mit einem Themenpaket zum sprachbewussten Unterricht bietet das Sprachliche Bildung im Kontext von Migration und Mehrsprachigkeit (BIMM) auf seiner Themenplattform einen guten Einstieg ins Thema.
Die Plattform www.sprachsensiblerunterricht.at des Österreichischen Sprachen-Kompetenz-Zentrums (ÖSZ) bietet ein umfangreiches Materialienangebot zum Thema.
Gogolin, I., Lange, I., Hawighorst, B., Bainski, C., Heintze, A., Rutten, S. & Saalmann, W. (2011). Durchgängige Sprachbildung. Qualitätsmerkmale für den Unterricht (FörMig Material, Bd. 3). Waxmann.
Michalak, M., Lemke, V. & Goeke, M. (2015). Sprache im Fachunterricht. Eine Einführung in Deutsch als Zweitsprache und sprachbewussten Unterricht. Narr.
Je höher das Sprachniveau der Schülerinnen und Schüler, umso stärker wird die Orientierung an den fachlichen Inhalten im DaZ-Unterricht werden. Anders als im DaF-Unterricht haben die Schülerinnen und Schüler die Gelegenheit, das Gelernte in ihrer deutschsprachigen Umgebung anzuwenden und umzusetzen. Gleichzeitig bringen die Schülerinnen und Schüler aus ihrem schulischen Leben Inhalte, Themen, Fragen und sprachliche Bedürfnisse in den DaZ-Unterricht hinein. Die jeweilige Lehrperson unterstützt den Spracherwerb bedarfsorientiert und unterstützt in Kooperation mit den Kolleginnen und Kollegen den Ausbau der sprachlichen Kompetenzen durch gezielten Input. Dafür sind Besprechungsstunden im Team zur Abstimmung notwendig und müssen konkret eingeplant werden
Aufgabenstellungen zur Kooperation innerhalb der Teams in Vorbereitung
Willkommensphase für mehrsprachige Schülerinnen und Schüler gestalten
Die Schülerinnen und Schüler und deren Eltern/Erziehungsberechtigte erleben die Tätigen am Standort als Team, das von Anfang an eine vertrauensvolle Zusammenarbeit anstrebt. Die Lehrperson des DaZ-Unterrichts muss sich dabei als Mitwirkende in einem Gesamtkonzept sehen können. Dafür braucht es gemeinsame Vereinbarungen des gesamten Kollegiums für die Gestaltung des Ankommens, sowohl organisatorisch als auch pädagogisch und didaktisch (Gutzmann, Nodari & Pols, 2019). Was muss wer in der Phase des Ankommens in der Schule beitragen, damit Kinder und Jugendliche sich willkommen fühlen? Woher kann Unterstützung kommen? Welche der folgenden Personen/Personengruppen sind/ist wofür zuständig bzw. verantwortlich?
- Schulleitung
- Administration
- DaZ-Lehrperson(en)
- Lehrperson(en) für weitere andere Erstsprachen als Deutsch (Erstsprachenunterricht)
- Klassenlehrperson / Klassenvorstand
- alle Lehrpersonen
- externe professionelle Teams (soziale Dienste, Psychologinnen/Psychologen, Kulturvereine, NGOs, Dolmetscherinnen/Dolmetscher)
Beispiele für eine Abklärung der Zuständigkeit finden sich im Kapitel „Qualitätssicherung und Verantwortlichkeiten“ (S. 24–26) der Handreichung „Deutsch als Zweitsprache, DaZ. Ein Leitfaden zur Organisation des DaZ-Unterrichts und zur Integration von fremdsprachigen Kindern und Jugendlichen für Lehrpersonen, Schulleitungen und Schulbehörden“ der Erziehungsdirektion Bern (2015).
Methoden und Projektideen für eine sensible Auseinandersetzung mit „Vielfalt“, die Förderung gegenseitigen Respekts und Toleranz und die Anregung zu einem „friedvollen Miteinander“ in den Mittelpunkt stellt, finden sich im Handbuch „VIELFALT erLEBEN – GEMEINSCHAFT GESTALTEN!“ (2014) des Interkulturellen Zentrums Wien.
„Herzlich willkommen“-Karten in 17 Sprachen (Adam/Inal) finden sich auf der Internetseite des Beltz-Verlags.
Mit Eltern kommunizieren und kooperieren
Von Anfang an werden die Eltern mehrsprachiger Schülerinnen und Schüler, wie alle Eltern und Erziehungsberechtigten, angesprochen, ernst genommen und aktiv in das Schulleben eingebunden. Um Kommunikation und Information zu fördern, kann die Schule direkte Ansprechpartner/innen vermitteln, z.B. in Form eines Buddy-Systems unter Eltern.
Die Lehrperson macht Schule und Unterricht transparent und kommuniziert klar, auch zu Themen, die ihr selbstverständlich und logisch erscheinen. Sie kann z.B. Informationen mit Farbsymbolik, Visualisierungen und mehrsprachigen Beschriftungen versehen (Stundentafel, Informationsblatt zu einer Veranstaltung, Mitteilungsheft u.a.). Sie kann Informationen in anderen Sprachen anbieten und auf die Übersetzungsfunktion in digitalen Mitteilungsheften hinweisen. Eltern haben bei Veranstaltungen oder in Gesprächen Zeit und Raum, Fragen zu stellen.
Die Broschüre „Interkulturelle Elternarbeit – Ein Werkzeugkoffer für Pädagog/innen“ des Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) bietet einen umfassenden und anschaulichen Überblick.
Das BMBWF bietet Broschüren in verschiedenen Sprachen als Download und zur Bestellung über den Publikationenshop: „Schule verstehen. Kommunikationshilfen für Eltern“ (2016), „Willkommen in der österreichischen Schule!“ (2015/16) und „Bildungswege in Österreich“ (2015/16).
Die Eltern werden darin unterstützt, sich aktiv in das schulische Leben und bei Bedarf in den Unterricht einzubringen, ihre sprachliche Expertise, ihr vorhandenes Wissen und ihre eigenen Erfahrungen zu teilen. Gleichzeitig werden sie aufgefordert, sich am Deutscherwerb ihrer Kinder zu beteiligen. Die Lehrperson macht die Fortschritte ihrer Kinder anschaulich, indem sie z.B. Ton- oder Filmaufnahmen zeigt. Sie vermittelt den Eltern auch, dass sie mitverantwortlich sind für den erfolgreichen Erwerb der deutschen Sprache ihrer Kinder.
Der Elternratgeber „Sprich mit mir und hör mir zu“ (Okay, deutsche Ausgabe 2010) für Kinder im Alter von 0-5 Jahren steht in insgesamt 17 Sprachen zur Verfügung. Die Anregungen sind großteils auch für Kinder im Grundschulbereich umsetzbar (Hinweise 2 bis 10 und 12), allerdings enthält der Elternratgeber noch keine Informationen zum Umgang mit digitalen Medien und das Kapitel zum Umgang mit dem Fernsehen ist nicht auf dem aktuellen Stand
Wichtig in der Zusammenarbeit zwischen Schule und Eltern mit Deutsch als Zweitsprache ist die erfolgreiche Kommunikation. Hierbei muss bei Bedarf auf Dolmetschende oder Kulturmittlerinnen und Kulturmittler zurückgegriffen werden.
„Wir verstehen uns!“ ist ein kostenloses Angebot des BMBWF zum Video- und Telefondolmetschen für alle elementaren Bildungseinrichtungen, Volks- und Mittelschulen.
Gutzmann, M., Nodari, C. & Pols, R. (2019). Deutsch als Zweitsprache. Didaktisches Begleitmaterial zu den Curricularen Grundlagen. Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg (Hrsg.). https://bildungsserver.berlin-brandenburg.de/fileadmin/bbb/themen/sprachbildung/Durchgaengige_Sprachbildung/Publikationen_sprachbildung/Deutsch_als_Zweitsprache_WEB_2019_05_06.pdf
Kühn, S. (2011). Eltern mit Migrationshintergrund in die Sprachbildung einbeziehen. Deutsches Jugendinstitut e.V. (Hrsg.).